Die Haldensprung-Brücke ist ein eindrucksvolles Beispiel für zeitgenössische Ingenieurskunst und gemeinsame Innovation. Sie spielt eine zentrale Rolle bei der Internationalen Gartenausstellung (IGA). Mit einer Länge von fast 160 Metern stellt diese moderne Fuß- und Radwegbrücke eine unverzichtbare, barrierefreie Verbindung zwischen den lebendigen Stadtteilen Huckarde und Deusen dar. Ihre robuste Fachwerkkonstruktion aus Stahl, ergänzt durch integrierte Rampen und Treppenanlagen, fördert die inklusive Zugänglichkeit und stärkt die Verbindung innerhalb der Gemeinschaft.

Konstruktive Raffinesse: Halbintegriertes Design und Materialwahl
Ein besonders bemerkenswerter Aspekt des Brückenbaus ist das halbintegrierte Design. Diese innovative Bauweise bedeutet, dass Lager ausschließlich an den Widerlagern eingesetzt werden, während der Stahlüberbau starr mit den Pfeilern verbunden ist. Die Vorteile dieser halbintegrierten Struktur sind vielfältig:
- Erhöhte Steifigkeit und Stabilität: Besonders im mittleren Spannbereich bietet diese Bauweise eine größere Steifigkeit und Stabilität.
- Thermisches Verhalten: Die Konstruktion ermöglicht eine ausgeglichene Ausdehnung und Kontraktion bei Temperaturschwankungen – ein entscheidender Faktor für die Langlebigkeit der Struktur.
- Reduzierter Wartungsaufwand: Der Verzicht auf Lager an den Pfeilern verringert den zukünftigen Wartungsbedarf erheblich.
Diese fortschrittliche Bauweise bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich. Zu den komplexeren Aspekten in der Entwurfsphase gehörte der Umgang mit hohen Spannungen durch Zwängungen sowie großen Biegemomenten an den Pfeilern. Dies erforderte eine präzise Abstimmung zwischen dem Stahlüberbau und dem Betonunterbau zur Sicherstellung der Tragfähigkeit.
Die Brückenplatte besteht aus vorgefertigten Betonplatten. Die Wahl von Fertigteilelementen brachte klare Vorteile:
- Schneller Baufortschritt: Vorgefertigte Platten beschleunigen die Montage erheblich.
- Kosteneffizienz: Die Vorfertigung außerhalb der Baustelle ermöglicht eine wirtschaftlichere Ausführung.
- Höhere Sicherheit: Die Herstellung in kontrollierter Umgebung erhöht die Arbeitssicherheit während des Baus.
Das Hauptmaterial für die Tragstruktur der Brücke ist Stahl der Güteklasse S355 J0. Die Wahl fiel auf Stahl wegen seines hervorragenden Verhältnisses von Festigkeit zu Gewicht, ideal für Brückenkonstruktionen, sowie wegen der Möglichkeit zur schnellen Montage durch Vorfertigung und Baustellenmontage.
Unser Beitrag: Umfassende Ingenieurleistungen
Unser Team leistete einen entscheidenden Beitrag zum Projekt der Haldensprung-Brücke, indem wir umfassende Leistungen gemäß den HOAI-Leistungsphasen 3 bis 5 erbrachten:
- LP3: Entwurfsplanung
- LP4: Genehmigungsplanung
- LP5: Ausführungsplanung
Im Rahmen der Ausführungsplanung (LP5) übernahmen wir insbesondere:
- Detaillierung des Stahlbaus und Erstellung der Stahlbauzeichnungen
- Bewehrungs- und Schalpläne
- BIM-Modellierung mit TEKLA – ideal für komplexe Stahlbauprojekte
Im Fokus unserer Tragwerksplanung stand die exakte Umsetzung der anspruchsvollen Geometrie der Brücke, die detaillierte Ausarbeitung der Schnittstellen zwischen Stahl und Beton sowie die Abstimmung aller Planunterlagen mit den statischen Berechnungen.

Die Kraft von BIM: Effizienz und Koordination
Building Information Modeling (BIM) erwies sich im gesamten Projekt als unverzichtbares Werkzeug und trug maßgeblich zur Effizienz und zum Projekterfolg bei. Das BIM-Modell spielte eine zentrale Rolle in mehreren Bereichen:
- Geometrische Abstimmung: Es gewährleistete die exakte Übereinstimmung aller Pläne mit der Gesamtgeometrie der Brücke.
- Visualisierung: Komplexe Verbindungen, die in 2D-Plänen nur schwer verständlich sind, konnten anschaulich dargestellt und besser geplant werden.
- Gewerkekoordination: Besonders wichtig war die reibungslose Zusammenarbeit zwischen den Gewerken – Stahlbau, Betonbau, Bewehrung und Fertigteile – wodurch Kollisionen vermieden und Abläufe optimiert wurden.
Der Bauablauf im Überblick
Der Bau der Haldensprung-Brücke erfolgte in strategisch geplanten Bauphasen unter Einsatz vielfältiger Bauelemente. Die Brücke besteht aus einem Stahl-Fachwerk-Überbau, markanten V-förmigen Stahlstreben, massiven Stahlbetonpfeilern und -widerlagern sowie der erwähnten Fertigteilplatte. Die Gründung erfolgte sowohl mit Tiefgründungen (Pfahlgruppen) als auch Flachgründungen.
Der Bauablauf gliederte sich im Wesentlichen wie folgt:
- Bau der Pfeiler und Widerlager
- Montage des Stahlfachwerks vor Ort
- Einheben des Stahlüberbaus mittels Kran
- Einbau der Fertigteilplatten

Mehr als Technik: Ästhetik, Nachhaltigkeit und gesellschaftlicher Nutzen
Die Haldensprung-Brücke ist weit mehr als nur eine funktionale Verbindung. Ihre Gestaltung fügt sich elegant in die grüne Landschaft der Internationalen Gartenausstellung ein. Die auffälligen Rot- und Grüntöne des Überbaus wurden gezielt gewählt, um harmonisch mit der natürlichen Umgebung zu verschmelzen. Das schlanke Design der Brücke vermittelt zudem ein leichtes und angenehmes Erscheinungsbild, ohne die Umgebung zu dominieren.
Nachhaltigkeit war ein zentrales Anliegen des Projekts. Die Verwendung vorgefertigter Fertigteile trägt wesentlich zu umweltfreundlichem Bauen bei – durch geringeren Materialverbrauch, reduzierte Emissionen auf der Baustelle und weniger Eingriffe in die Umgebung.
Für die Bewohner von Huckarde und Deusen hat die Haldensprung-Brücke eine große Bedeutung. Sie bietet eine sichere, barrierefreie Verbindung und verbessert die Mobilität für Fußgänger und Radfahrer. Gleichzeitig fördert sie den sozialen und freizeitorientierten Austausch zwischen den beiden Stadtteilen und trägt so zur Lebensqualität bei.
Das Projekt zeigt darüber hinaus bemerkenswerte technische Lösungen: Die V-förmigen Streben zur direkten Anbindung des Überbaus an die Pfeiler sind eine seltene, aber besonders elegante und effiziente Konstruktionslösung. Auch das halbintegrierte Konzept mit starrer Verbindung zu den Pfeilern und Verzicht auf Lager zeigt ein zukunftsweisendes Ingenieurverständnis. Die modulare Bauweise erlaubt zudem den späteren Austausch von Deckenelementen – ein Beitrag zu Langlebigkeit und Anpassungsfähigkeit.